Tag 10: Leverburgh – Shawbost

Am Ende des Tages sind es noch Rund 45 Kilometer bis zum eigentlichen Ziel meiner Reise. Port Ness im Norden von Lewis gelegen

Danach kommt nur noch der Atlantische Ozean.

Die Nacht im Hostel war gruselig. Das lag nicht etwa an den beiden Frauen, mit denen ich mir das 4-er-Zimmer teilte sondern war den weiteren Mitbewohnern und der Hellhörigkeit des Gebäudes geschuldet. Etwas Ruhe kehrte so gegen 2 Uhr in der Frühe ein, als nun jeder seinen Schlafplatz gefunden, die weinende Freundin getröstet hatte und zum X-ten Mal nebenan pinkeln war.

Unabgesprochen war um 7 Uhr allgemeines Aufstehen und blitzartige Abreise angesagt. Da habe ich mich dann mal angeschlossen und saß um kurz nach 8Uhr im Sattel. 3 Kilometer später war mir bereits warm. Nicht, dass es bei 13 Grad grundsätzlich zu kalt gewesen wäre, aber aus Küstenorten geht es landeinwärts halt immer irgendwie bergan. Und das sollte bis KM 55 auch so bleiben.

West Harris zeigte sich zur Belohnung von seiner schönen Seite und belohnte mich mit immer wieder schönen Ausblicken, die Zeit klauten: zum Fotografieren.

Nach 32 Kilometern erreichte ich Tarbert, wo ich auf einer Bastelausstellung einen Pott Kaffe und ein Sandwich ergattern könnte. So ganz ohne Frühstück ging meine Energie langsam dem Ende entgegen. Einkaufsmöglichten: Fehlanzeige. Ganz so schlimm war das nicht, denn für den Abend hatte ich noch ausreichend Vorräte. Morgen im B&B werde ich bekocht. Lediglich ein wenig Bier hätte ich gerne aufgestockt. Das kommt auf dieser Reise entschieden zu kurz 😂

Tarbert

Gleich hinter Tarbert ging es lange Zeit bergan. Der Schweiß floss und die Wasservorräte an Bord verringerten sich gleichermaßen. Zum ersten Mal überhaupt habe ich eine Flasche in einem der unzähligen Seen nachgefüllt. Schmeckt ganz gut… Wobei man schon darauf achten muss, nicht versehentlich an ein Loch mit Meerwasser zu geraten.

Sandstrände gab es nun keine mehr. Dafür Alpenpanoramen nur knapp über Meeresniveau; die hohen Berge blieben hinter mir. Auf North Harris fuhr ich lange Zeit durch Naturschutzgebiet ähnliche, einsame Gegenden in denen Torf abgebaut und zum Heizen verwendet wird.

Kurz vor Stornoway, der Hauptstadt der Insel Harris and Lewis und der vermutlich letzten Einkaufsmöglichkeit (nicht genutzt, weil ausreichend dabei) bog ich wieder in Richtung Westküste ab. Gegen den Wind. Die Temperatur fiel von zwischenzeitlich 18 Grad wieder auf 14, gefühlt darunter. Nach 12 Kilometern erreichte ich die „Callanish Standing Stones“, ähnlich denen von Stonehenge im Süden Englands. Vielleicht nicht ganz so spektakuläre aber auch nicht so überlaufene prähistorische Steinkreise.

96 Kilometer standen bis hier her auf dem Tacho. Noch 20 to go, die ich nach einer Dose Coke und einem weiteren Sandwich in Angriff nahm.

Genau 6,3 Kilometer vor meinem heutigen Ziel, dem Campingplatz in Shawbost, verabschiedete sich an einem leichten Anstieg mit einem Knacken die Kette von meinem Rad. Bisher dachte ich ja immer, dass so etwas nur Menschen passiert, die ihr Rad bzw. ihre Kette nicht pflegen. Mhh…da habe ich etwas dazu gelernt. Ich weiss nicht, wie lange ich mich bemühte, die Kette zu kürzen und wieder zusammen zu nieten. Den alten Pin konnte ich entfernen, es gelang mir aber nicht, sie wieder neu zu vernieten. Eine Gruppe Radfahrer auf dem Weg zum Campingplatz unterstützten mich tatkräftig und zu dritt bekamen wir sie zusammen. Von Erfolg gekrönt war die Aktion trotzdem nicht. Nachdem die Gruppe weitergefahren und ich meine Taschen wieder ans Rad gebracht hatte, riss sie gleich beim ersten Antritt erneut. Zudem fiel mir auf, dass auch der Umwerfer einen Schaden hat. Eventuell ist er nur verbogen oder am Rahem verdreht.

6 Kilometer wandern also. Urlaubsende 45 Kilometer vor dem Ziel!?

Einigermaßen miesepetrig schilderte ich den Betreibern des Campingplatzes meine missliche Lage. Da hier Sonntags absolut alles geschlossen hat, keine Busse fahren, keine Restaurants (wenn es sie geben würde) geöffnet haben etc., boten sie mir an, mich am Montagvormitttag mit nach Stornoway zu nehmen. Da gibt es die nächste Fahrradwerkstatt. 50 Kilometer von hier entfernt und in entgegengesetzter Richtung zu der in die ich eigentlich so gerne möchte.

Gestrandet im Nichts.

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