Tag 18: Invergarry – Glencoe

4 Tage Regen am Stück reichen eigentlich. Die Nacht war weitgehend trocken und um 5 30 Uhr waren Wolkenlücken zu erkennen.

Daher habe ich mir noch anderthalb Stunden Schlafsack-Aufenthalt gegönnt. Es war doch sehr kalt draussen.

Um sieben Uhr sah die Welt dann schon anders aus. Kein Regen – aber man konnte ihn heranziehen sehen, sofern das die extrem niedrig hängenden Wolken zuließen. Das Frühstück musste also wieder schnell gehen. Nur ein Kännchen Kaffee, die restlichen Eier zu Rührei verarbeitet und auf Bacon und Bohnen verzichtet. Anderthalb trockene Brötchen gab es dazu.

Bis ich alles zusammengeräumt hatte war es trotzdem schon kurz nach 9 – eine Zeit, in der die zahlreichen Midges ihre wahre Freude an mir hatten.

Nach drei Kilometern: erster Stopp zum Umziehen. Dünne Windweste gegen dicke, Wasserabweisende.

Nur wenige Minuten später: zweiter Stopp. Regenjacke und Regenüberschuhe anziehen.

Ich fahre jetzt durch die Wolken. Aus dem Niesel vorher werden dickere Tropfen. Die Brille ist nass und beschlagen, behindert die Sicht, die angesichts des hohen Verkehrsaufkommens auf der Straße und deren schlechtem Asphalt von Vorteil gewesen wäre. Spaß am Radfahren habe ich bisher anders definiert. Bei 8 Grad und Regen würde ich zuhause nie auf die Idee kommen, in kurzer Hose Fahrrad fahren zu gehen. Das sollte ich mal überdenken.

Der Tag bestand also mehr oder weniger aus 45 Kilometern Tunnelblick: fixieren auf die kommenden 15 Meter auf der Straße. Das war nicht so furchtbar schlimm, denn Wolken und Bäume verhinderten die Sicht auf Schönes. In diesem Fall auch den Loch Lochy auf der einen und den Höhenzügen des Great Glen auf der anderen Seite.

Nach 45 Kilometern war Fort William erreicht. Genau wie vor vier Jahren versteckte sich Englands höchster Berg, Ben Nevis, in Regenwolken. Eigentlich müsste ich dieselben Fotos posten können 😂 Die Innenstadt ist immer noch nicht schöner geworden und damals wie heute recht voll mit Touristen. Kein Ort für mich, also weiter nach Glencoe auf der A82. Den Harry-Potter-Train, der hier zweimal täglich nach Mallaig abfährt und dabei das aus den Filmen berühmte Viadukt überquert, habe ich verpasst – nicht um viel, denn ich habe den Qualm der Dampflok noch gerochen.

Die Strecke wurde auch entlang des Loch Linnhe nicht schöner. Dafür gab es zum ersten Mal auf dieser Reise auf den letzten…hmmm… na ja ich weiß nicht mehr so genau…sagen wir mal 15 Kilometern einen Fahrradweg. Der war zwar alles andere als sauber, hatte dafür aber einen ansprechenden Belag. Überwiegend.

Nachdem ich Fort William hinter mir gelassen hatte, nahm der Wind erheblich zu. Der brachte die Wolken in Bewegung und bremste mich ab. Dafür konnte ich die Regenjacke ausziehen. Der Niesel war nicht weiter Schlimm, zumal jetzt auch die Temperaturen die 10-Grad-Marke wieder überschritten.

Auf dem Campingplatz in Glencoe habe ich mir ein windgeschützes Plätzchen hinter einer Hecke gesichert. Mir war wieder arschkalt. Nach dem Duschen habe ich mich ein wenig darüber geärgert, weil es auch Standplätze mit Sicht auf den Loch Leven gibt. Jetzt, wo ich diese Zeilen schreibe, freue ich mich über die Hecke. Es ist stark windig und regnet. Zwar mit kurzen Unterbrechungen, aber seit dem ich das Zelt aufgebaut habe. Also wieder nix mit Sonnenuntergang oder Sightseeing.

Für morgen gibt es bereits wieder Sturmwarnungen für den ganzen Tag. Ich habe beschlossen, ab jetzt den mehr oder weniger direkten Weg in Richtung Irvine zu nehmen. Das sind noch rund 125 Meilen, also knapp 200 Kilometer. Wenn es das Wetter morgen zulässt, fahre ich so weit ich Lust habe bzw. Ich einen schönen Campingplatz finde. Wenn es dumm läuft, bleibe ich hier noch einen Tag stehen.

Seit ein paar Tagen wird es nachts zwischendurch wieder dunkler. Da ist nicht viel drin mit Zeitung lesen morgens um eins 😂

Ich sitze jetzt schon wieder seit einigen Stunden mit den Füßen im Schlafsack. Mal länger nach draußen gehen ist nicht so clever, da die Kleidung hier im Zelt nicht trocknet. Nach nun 5 Tagen ist alles irgendwie klamm oder feucht. Nur gut, dass ich dieses Wetter nicht auf den Hebriden gehabt habe – vermutlich hätte ich abgebrochen. Jetzt sehe ich das recht entspannt, auch wenn die Laune zwischenzeitlich mal auf Tauchstation geht. Es ist gut, dass ich nicht den Weg über Skye genommen und mir dadurch Zeit verschafft habe. Skye ist bei dem Wetter auch keine Sensation. Aber wo ist es das dann schon?

Print Friendly, PDF & Email