Irgendwie tat es mir schon ein wenig Leid, dass ich meine angenehme Unterkunft und den ruhigen Ort nach einem erneut ausgiebigen Frühstück schon wieder verlassen musste.
Das kleine Schwarze war gut gelaunt, die Kette schnurrte und alle Gänge ließen sich schalten, als ich auf regennassen Straße wieder nach Norden fuhr. Eigentlich ja in die falsche Richtung, aber ich wollte unbedingt wieder an die Küste und das Stück bis Fraserburgh daran entlang fahren, auch um keinen weißen Fleck auf meiner Landkarte zu haben.
Die gut 40 Kilometer hoch bis Portsoy waren sehr abwechslungsreich. In zweierlei Hinsicht. Ich folgte wieder einmal den Country Lanes, anstatt A und B-Straßen. Da war ich dann zum größten Teil alleine mit mir und der Natur – die nicht so fürchterlich aufregend war, um erwähnt zu werden. Die Ruhe zu genießen ist schon herrlich.
Abwechslung brachte das Wetter. Auf keiner anderen Etappe (bislang) habe ich so oft die Kleidung gewechselt, wie auf dieser. Buchstäblich und ohne jede Übertreibung wechselte das Wetter oft von einer Minute auf die andere. Nicht zwischen Sonnenschein und noch mehr Sonnenschein, versteht sich.
Ab Portsoy ging es tendenziell weiter nach Osten, dabei hatte ich endlich einmal wieder einen anständigen Rückenwind, der mir dabei half, die fiesen mehr oder weniger kurzen Stiche zu bewältigen. Die B9139 und später die B9031 führten über Banff und Macduff 50 Kilometer entlang der Küste bis Fraserburgh. Ab und an gab es zwischen den Hügeln des Farmlandes schöne Ausblicke auf das Meer, die leider zumeist durch tiefhängende Regenwolken getrübt wurden. Banff und Macduff, schienen schöne Städtchen zu sein. Aufgehalten habe ich mich dort nicht. Es war einfach zu kalt. Und zu nass. Ein 20 % Anstieg war heute das Highlight, das ich ohne abzusteigen gemeistert habe 🙂
Den Fischerort Fraserburgh habe ich nur durchfahren, um dann wieder den Kurs auf die Adria nach Süden zu nehmen. Jetzt wieder auf den A90 und A952 bis Mintlaw, wo ich das Bed & Breakfast gebucht hatte.
Zu meiner unangenehmen Überraschung war niemand zu Hause, als ich eintraf und auch das Telefon klingelte nur durch. Das Dorf gab indes nichts her, wo ich mich hätte aufhalten können, um die Zeit bis zur Rückkehr der Leute zu überbrücken.
Mehr oder weniger zufällig, kam Ross des Weges. Mit Ross, einem langjährigen Kollegen, wollte ich zusammen zu Abend essen. Er kam gerade von seiner Tochter (es war Vatertag) und wollte nachhause. Er lud mein ganzes Geraffel in seinen AMAROK und wir fuhren erst einmal Kaffee trinken. Das warme Auto und der heiße Kaffee ließen dann meine Laune auch wieder ansteigen – wobei die sooo furchtbar schlecht nicht war. Als wir zurück kamen, waren auch die Leute vom B & B wieder zuhause und ich konnte duschen und meine Wäsche waschen.
Ross hat mir später dann noch Fraserburgh und etwas von der zum Teil sehr schönen Umgebung gezeigt. Im Hafen von Fraserburgh schwammen nicht nur Fischerbote sondern auch Seehunde. Für mich eine Attraktion – für Ross alltäglich. „Die sind hier immer“. Das klang für den Fischer mehr nach Plage als nach Sehenswürdigkeit.
Nach einem guten Essen im Hotel Kilmarnock Arms in Cruden Bay sind wir dann noch ein wenig an der Küste entlang gefahren. Traumhaft!
Das Hotel hat im übrigen bereits den Autor von „Dracula“, den Iren Bram Stoker beherbergt. Bram Stoker soll bei einer Wander zur (heutigen) Ruine „New Slains Castle“ der Gedanke zu Dracula gekommen sein. Den Rest kennen wir ja alle.