Pfingsten fährt man in Bimbach…

Geschafft
… so der Slogan des Rhön Radmarathons in Bimbach, im Kreis Fulda.
Geschafft. Endlich habe ich einen der anvisierten Termine wahrgenommen. Nachdem ich weder einen Halbmarathon-Wettkampf bestritten noch vor zwei Wochen in Köln gestartet bin, hatte der Wettergott nun ein Einsehen mit uns. Wenn auch nur widerwillig.
Noch bis zum Mittwoch sagten die Wetterfrösche Temperaturen um die 8 Grad und Regen voraus und wir waren kurz davor, auch dieses Event sausen zu lassen. Schlußendlich wurde es zu einer Punktladung. 

238 KM mit sagenhaften 4.500 Höhenmetern hatten Jaco und ich uns als einziges gemeinsames Training vor der Transalp auf die Fahnen geschrieben. Interessanter Weise haben wir beide exakt gleich viel Trainingskilometer in diesem Jahr in den Beinen. Mir persönlich fehlte wirkliches Bergtraining, was hier zuhause bei unseren Erdverwerfungen ja nur sehr eingeschränkt möglich ist. Wir beide waren dann auch sehr gespannt und nicht zu optimistisch, ob wir die komplette Runde fahren könnten. Immerhin waren die Vorzeichen gut: Kurz hinter Kassel am Samstag hörte der Dauerregen auf, die Sonne kam durch und wir konnten den ganzen Tag über bis in den Abend hinein schön in der Sonne sitzen und den Flüssigkeitshaushalt mit Hefe hell im Gleichgewicht halten und ein paar Kohlenhydrate in fester Form zu uns nehmen. Einige Hautverfärbungen gab es gratis dazu.

Am Sonntag um 5:15 h trafen Jaco und ich uns am Hotelausgang. Kalt war es und neblig. Aber Saskias Telefon hatte vorausgesagt, dass wir um 11 Uhr Sonnenschein und 17 Grad haben würden 😉
Zwischen 6 und 6:30 Uhr war der Start für die 202 und 238 KM Runde. In Ermangelung eines Frühstücks im Hotel konnten wir im Festzelt auf dem Eventgelände noch bei Kaffee und belegten Brötchen zuschlagen. Um 6:22 Uhr haben wir uns gutgelaunt in die Sättel geschwungen. 

Die ersten gut 45 KM bis zum ersten Kontrollpunkt ließen sich gut fahren. Kühl war es in der Fläche, kalt auf den Abfahrten. Wir bereuten ein wenig, uns nicht noch wärmer angezogen zu haben. Besonders an den Füßen. Aber es sollte ja warm werden. Um 11 Uhr… Zu diesem Zeitpunkt hatte ich mit etwas über 900 Höhenmeter schon fast mehr gesammelt, als ich in diesem Jahr auf irgendeiner Runde insgesamt zusammenbekommen habe.

Kurz nach der ersten Streckenteilung kam der erste richtige Hammer. Eine längere Steigung bei Ebersburg machte es so richtig warm unter dem Helm. Der wenig später folgende Anstieg zur Wasserkuppe war gleichmässig und daher einfach zu fahren. Etwas über 900 Meter hoch gelegen, waren wir auf dem Dach des Marathons angelangt. Seit 9:44Uhr hatte die Sonne den Nebel und die Wolken verdrängt und es wurde endlich wärmer.
Herrliche, lange Abfahrten, schöne Anstiege und knackige Rampen welchselten sich munter ab unten bereiteten mir bislang nicht zu viel Mühe. 
Vielmehr machte mir Jaco Sorgen, der schon einige Zeit über Bauchschmerzen klagte und keinen Druck auf die Pedale bekam, was natürlich besonders bergan ein Handicap war. In der Fläche bekam er zwar gut Dampf auf den Kessel und konnte mich die Berge herunter bringen, wollte aber am dritten Kontrollpunkt bei KM 130 aussteigen. Wir entschieden, dass wir entweder zusammen aussteigen oder zusammen weiter machen – und machten uns zusammen wieder auf den Weg. Schon recht kurz nach dem Stopp ging es wieder bergan. Jaco war kurz hinter mir, ich hatte aber keinen (Blick)Kontakt zu ihm. Dann kam ein Verkehrsschild, dass auf den nächsten 4 KM 10% Steigung versprach. Mein erster besorgter Gedanke: “ Wenn Jaco das liest, ist Feierabend…“
Ich war ca. 3/4 oben angekommen, da klingelte mein Handy in der Rückentasche. Kurz danach machte WhatsApp die typischen Geräusche, wenn Jaco schreibt. Spätestens jetzt war klar, dass ich alleine auf der Strecke war. Die Bestätigung bekam ich auf dem Gipfel zu lesen. Was gab es für Alternativen? Zurückfahren mochte ich nicht wirklich. Weiter also. Es waren nur noch 100 KM und 1500 Höhenmeter zurück ins Ziel. Jaco war versorgt und wurde von seiner Frau und Saskia abgeholt.
Auch wenn er sich über seine Aufgabe ärgerte, denke ich, dass es gut ist, in solchen Situationen auf seinen Körper zu hören. Zwei Aufgaben bei IRONMAN-Veranstaltungen habe ich ja auch schon hinter mir.

Der Rest der Runde ist schnell erzählt. Nach einer super langen Abfahrt fand ich eine Gruppe, die mein Tempo fuhr. Dummerweise entschied ich mich bei der nächsten Streckenteilung bei KM 148 auf der 238-Runde weiterzufahren, während die anderen geradeaus auf der 202-er-Runde blieben.
Nun wurde es auf den nächsten knapp 20 KM bis zum nächsten Kontrollpunkt einsam. Und hügelig. Mittlerweile spürte ich meine Oberschenkel ganz gut, aber immhin behielt ich Recht, dass bei KM 165 die längsten Anstiege hinter uns lagen.
Das war gut. Aber damit fielen auch längere Abfahrten weg, die recht gut zur zwischenzeitlichen Erholung der Beine dienen (können). Immer wieder gab es einige fiese Stiche. Bergauf und in den Beinen – später auch im linken Knie. Der etwas stärker werdende Nordwind behagte mir ganz und gar nicht. Die Entfernung zwischen KM 185 und 200 Km war gefühlt deutlich länger als rechnerisch und geografisch möglich.
Kurz vor dieser Marke kam noch Kontrollstop 5. Neben der an den anderen Kontrollstops angebotenen üppigen Verpflegung gab es hier zsätzlich noch Bockwurst im Brötchen. Da hätte ich sehr gerne zugelangt – das süße Zeug konnte ich nicht mehr durch den Hals kriegen. Allerdings war auf dem Tourenplan eine „Zacke“ zu erkennen und andere Fahrer sprachen respektvoll von 14% schon direkt hinter dem Ortsausgang… Also ließ ich das lieber – bevor die Wurst auf der Straße landet :-). Das war wohl auch besser so.

Tendenziell ging es danach in zügiger Fahrt bergab. Entgegen einer aufziehenden Schlechtwetterfront. 

Ich gebe gerne zu, dass ich erwartet und gehofft hatte, dass die Strecke kürzer als angegeben sein würde. Aber auch hier haben die Organisatoren hervorrangende Arbeit geleistet.

Chapeau! Eine tolle Veranstaltung, bei der das gute Wetter (und da schließt sich der Kreis) seinen Beitrag geleistet hat.

Katrin, Jaco und Saskia warteten auf mich als ich auf der letzten Rille ins Ziel ritt. Schlecht war mir, wie immer wenn ich mich ausdauernd anstrenge. Obwohl ich Hunger habe, kann ich nicht essen oder trinken. Es dauert so zwei bis drei Stunden, dann kommt die Verdauung wieder in Bewegung. So war es auch am Sonntag. Zwei Klöppschen nach einem Micro-Schläfchen brachten mich wieder in die Spur und wir vier verbrachten einen weiteren schönen Abend in einem italienischen Kellerrestaurant während draußen die Welt wolkenbruchartig unterging. Hefe hell und Ramazotti bzw. Wein und Sambuca machten die Sonne an. Bzw. am Abend die Lampe…

Jaco ging es zwischenzeitlich wieder gut und seine Laune steigerte sich zusehends. Zum „Vogeldoktor“ muss er auch nicht.

Also: Es scheint alles gut zu sein für die Transalp. In den nächsten knapp fünf Wochen können wir noch ein wenig an der Form feilen und landen in Arco dann zweistellig in der Masters-Klasse