Tag 1: Ardrossan -Isle of Arran – Carradale

Eine unruhige Nacht liegt hinter mir. Fremdes Bett sowieso, aber dieses schwankte gefühlt bei jedem Umdrehen mehr als die Stena Britanica

auf der gesamten Überfahrt von Rotterdam. Und ich bin ein Oftdreher. Dazu fließt durch den Garten des B&B ein beschauliches Bächlein. Sehr romantisch ist das Geräusch, aber es suggeriert mir: Regen. Und zwar Strömenden. Das kann ich nicht ausblenden und war so mit schön um halb 5 UK-time putzmunter

Auf mein erstes schottisches Frühstück mit Haggis musste ich verzichten. Gekocht wird erst ab 7:30 Uhr. Da wollte ich bereits unterwegs zum Supermarkt sein um Wasser und Sandwiches für den Tag zu kaufen. Das Wasser hier im Gästehaus schmeckt fürchterlich nach Chlor. So tat es dann eine Portion Cornflakes, Toast und Muckefuck.

Das Wetter heute früh? Nicht vorhanden.

Ardrossan lag im Dunst und die Wolken verschmolzen mit dem bleigrauem Wasser zu einem Einheitsbrei. Es war ja erst 8:20 Uhr als die Fähre nach Brodick ablegte und die Wetterfrau im BBC Frühstücksfernsehen einen tollen, trockenen und Teil sonnigen Tag für Schottlands Westen versprach und eindruckvoll mit Wetterradar Animationen unterlegte.

45 Minuten später in Brodick. Bleigraues Meer, Nieselregen und Nebel. In dem Moment war ist das erste Mal froh, die Strecke für heute bereits zuhause um 20 KM gekürzt zu haben.

Sie führte mich aus dem kleinen Örtchen direkt auf die String Road in Richtung Blackwaterfot an der Westküste Arrans. Gut 20 Kilometer sind es bis dort hin.

„String “ Road. Man könnte sich auch einen Strick nehmen, wenn man sie mit dem beladenen Rad hochfahren muss. Sofern das durch die regennasse beschlagene Brille erkennbar war, fuhr ich durch üppige, grüne Fauna. Jede Menge Farne wuchsen am Wegrand und alles duftete wunderbar nach Wald, Moosen und Blüten. Herrlich.

Drei Kilometer dauerte der Anstieg auf knapp 300 Meter Meereshöhe. Die Schafe neben der Strasse könnte ich riechen, aber kaum sehen… Volle Beleuchtung und Warnweste (sowieso immer) an. Die Steigungen brachten mich ganz schön auf Betriebstemperatur.während sich Schweiß mit Nebel und Niesel zu einer schmierigen Brühe vermischten. Alles klebt, die Hände zerren am rutschigen Lenker, was die Geschwindigkeit jedoch nicht erhöht. Absteigen muss ich gerade so nicht.

Der Nebel fällt nach der Berghöhe etwas zurück und gibt die zwischenzeitlich auf unter 100 Meter gesunkene Sicht wieder frei. Nun ändert sich auch die Landschaft. Nur wenige Bäume. Dafür Schafe, Gräser und Felsen. Es muss schön sein hier, denke ich so, als ich an der Ostküste angekommen bin. Von hier aus sollte ich nun die Halbinsel Kintyre erkennen können, mein Ziel für heute Abend. Sollte. Genau wie ich gestern Arran vom Festland aus hätte sehen sollen.

Immer dasselbe mit den Wetterfröschen. Statt dessen fiel die Temperatur bis zum Mittag auf knapp unter 12 Grad. Nicht Fisch, nicht Fleisch. Aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit und meiner nassen Bekleidung war mir arschkalt, als ich nach weiteren 25 Kilometern entlang der Küste in Lochranza ankam. Hier hatte ich eine gute Stunde Zeit um auf die nächste Fähre nach Kintyre zu warten. Die nutzte ich für ein leckeres Räucherlachs-Sandwich mit heißer Schokolade und einer Dose Cola.

Ich habe den knapp 900 Meter hohen Goat Fell nicht gesehen und mir zwischendurch den Besuch der Standing Stones bei Blackwaterfoot erspart. Hierzu wäre ein Fußmarsch von ca 2 Kilometern im Nebel erforderlich gewesen. Es kommen noch weitaus beeindruckende Steinkreise auf den Hebriden. Versprochen.

Der Ort Claonaig am Fähranleger… Hmmm… Da ist keiner. Ein paar versprengte Häuser allenfalls. Ich bin nun in der Nähe des Nichts angekommen. Die B842 hinunter nach Carradale ist eine einspurige Achterbahn ohne Looping. Zwei Autos passen nicht nebeneinander drauf. Für die 23 Kilometer habe ich nochmals zweieinhalb Stunden benötigt. Die Sicht auf die Umgebung. Ziemlich neblig.

Der Campingplatz Carradale Bay ist wunderschön mit Wiesen und blühenden Rhododendron und Ginsterbüschen gelegen. Gleich dahinter ein breiter Sandstrand. Könnte toll aussehen und tat es dann auch am Abend, als noch ganz kurz die Sonne herauskam.

Mit der Sonne stieg die Laune, die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit. Bei Windstille sind das ideale Bedingungen für Highland Midges, deren Weibchen nun zu Triliarden versuchten mich aufzufressen. Bei 17 Grad lief ich in langer Bekleidung, Mütze und Handschuhen durch die Gegend bis es mir zu bunt wurde und ich doch noch die Flucht in den zwei Kilometer entfernten Pub antrat.

Midges-Schutz

Hier gab es ein ganz leckeres schottisches Bier, dieses leider nur aus der Flasche. JARL hiess es. Ich muss mal googeln…

Lecker!

Als ich mich dazu durchgerungen hätte, nach der Speisekarte zu fragen, teilte man mir mit, dass leider alle Tische für heute Abend ausgebucht seien. Irgendwie waren wir nur zu zweit im Pub… aber na ja. Im geschlossenen Zelt gab es zumindest noch eine Portion Nudeln und ein Snickers zum Nachtisch. Das kaltes Leitungswasser aus der Trinkflasche. Geht doch.

Schon nach dem ersten, aufgrund des Wetters, landschaftlich enttäuschen Tag überkommt mich eine gewisse Gelassenheit und ich habe mich mit dem Gedanken angefreundet, so zu fahren, wie es Wetter, Lust und Laune zulassen. In den kommenden 3 Tagen ist das nur eingeschränkt möglich, da ich Rücksicht auf die Fährabfahrten nehmen muss. Wenn ich auf den Hebriden angekommen bin, kann ich das theoretisch anders handhaben, solange ich pünklich am 22. wieder in Harwich bin.

Fotos reiche ich nach. Auf dem Campingplatz gibt es nur eine dünne Internetverbindung.

Stay tuned

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