Tag 19: Glencoe – Gartocharn

Boah. War das eine Nacht. Einmal mehr bin ich froh, dass ich mir Windschatten hinter der Hecke und nicht einen Stellplatz mit Blick auf den Loch Leven gesucht habe.

Der Sturm war wieder mächtig und hat ziemlich am Zelt gezerrt. Andere hatten da schon deutliche Probleme.

Während der Nacht ließ der Regen nach und ging in Schauern und später in Niesel über. Der starke Wind trocknete das Zelt innen ganz gut ab und auch von außen war es nicht mehr so tropfnass, als ich gegen 7 Uhr wach war und beschloss trotz der bescheidenen Vorhersage weiterzufahren. Prämisse: mal sehen, wie weit der Wind und die Laune uns treibt. Idealer Weise bis Gartocharn am Südende des Loch Lomond (118 KM), mindestens aber 40 Kilometer.

Das Frühstück habe ich dann quasi im Stehen eingenommen. Nebenbei im Zelt alles was ging eingepackt und dabei auf leckere Baked Beans und Bacon verzichtet. Wenigstens der Kaffee war heiß und lecker. Um kurz nach 9 Uhr rollte ich als einer der Ersten vom Platz. Richtung Osten und damit den starken Wind aus SSW im Rücken oder von der Seite. Die Wolken hinten dramatisch-schön tief. Nicht gerade das ideale Radelwetter.

Auf den ersten 10 Kilometern ging es bis auf 300 Meter Seehöhe kontinuierlich bergauf. Keine imposante Steigung, aber es zieht sich halt auf der um dieser Uhrzeit recht wenig befahrenen A82. Kein Vergleich zu gestern. Noch einmal gibt es beeindruckende Panoramen im Rannoch Moor und den Grampian Mountains zu sehen, deren umfängliche Schönheit Fotos nicht wiedergeben können.

Kein Spaß mit nassen Klamotten ist die kalte Abfahrt im vollen Gegenwind nach Bridge of Orchy und weiter hinunter nach Tyndrum. Da musst du selbst im Gefällte angestrengt treten. Unten angekommen, war ich so durchgefroren, dass ich einen heißen Kaffee und ein belegtes Baguette in die Glut werfen musste, um wieder Temperatur, sprich: Dampf auf den Kessel, zu bekommen.

Nach dem Abzweig kurz vor Cairnlarich in Richtung Loch Lomond ging es dann mit voller Fahrt in den Wind. Aber: der Wind hat Wolkenlücken reißen können und wie eine Zwiebel kann ich mich langsam Schicht um Schicht von meiner Bekleidung trennen. Neben etwas wärmender Sonne boten nun auch die hohen Berge rechts des Loch Lomond einen wirksamen Schutz gegen den Wind und hielten offenbar auch die Regenwolken zurück.

In der Zwischenzeit wurde auch die A82 erheblich stärker befahren und erforderte deutliche Konzentration auf den Verkehr. Der bekannte Tunnelblick. Was nicht so furchtbar tragisch ist, denn der See ist nur an wenigen Stellen frei zugänglich und an den Ufern von Bäumen umsäumt, die oftmals keinen Blick auf das Gewässer zulassen.

Notiz an mich selbst: warum hat mir das Navi heute eigentlich so viele unbefestigte (Wander)Wege und eine nicht vorhandene Fähre über den LL vorgeschlagen???🤔

Gartocharn am Südufer des Loch Lomond liegt wieder einmal im Nichts. Die nächste Stadt mit vernünftigen Einkaufsmöglichkeiten liegt 7 hügelige Kilometer entfernt. Auf der Zeltwiese bin ich der einzige. Gerade kein Regen. Vogelgezwitscher. Ruhe. Herrlich.