Seit langem habe ich wieder so richtig gut geschlafen, wie selten in fremden Betten. Muriel und Paul gaben alles und haben mir ein sehr reichhaltiges Frühstück mit jede Menge Kalorien für den Tag bereitet. Einschließlich selbstgemachter Marmelade.
Paul gab mir noch ein paar Tipps mit auf den Weg, wie ich die A92 in Richtung Dundee vermeiden konnte.Er war dort wohl schon länger nicht mit dem Rad unterwegs, denn der angesprochene Radweg, direkt am Strand entlang existierte noch für knapp zwei Kilometer, dann begleitete er die A92. Bei Carnoustie kam ich dann wieder an die Küste und folgte dem Weg durch gepflegte Golfplätze und Fichtenwald bis Boughton Ferry, kurz for Dundee. Hier führte ein Radweg durch schmuddelige Industriegebiete bis hin zur Tay Bridge – der Brücke über den Firth of Tay. Mit einem Lift konnten das kleine Schwarze und ich hochfahren und den Fluß sicher überqueren.
Auf der anderen Seite angekommen, folgte ich weiter dem Radwanderweg. Und verhedderte mich völlig. Das Ding folgte direkt dem Strand und war dann irgendwann selbst ein Teil dessen. Unbefestigt. Wahlweise nur Sand (=schieben), mehr oder weniger grobe Steine (=Schiet bei nicht voll aufgepumpten Reifen) oder Tannennadeln (=angenehm). Knapp 20 Kilometer Umweg habe ich mir auf dem Weg nach St. Andrews dabei eingefangen. Schön war es aber irgendwie trotzdem ein wenig. Die Sonne schien, es war mit 20 Grad der wärmste Tag des Jahres hier oben. In St. Andrews habe ich mir die Zeit genommen ein wenig durch die ungemein schöne Altstadt zu fahren und habe mir zum ersten Mal auf der Reise unterwegs ein Ale gegönnt. Als Begleitung zu einer Portion Pommes. Der Motor wollte heute nicht rund laufen.
Nebenan gab es noch einen Bikeshop, wo ich endlich wieder Luft nachtanken und den richtigen Druck auf die Reifen bringen konnte.
Ihr habt es schon bemerkt: Seit Tagen gibt es wenig Aufregendes über die Landschaft zu berichten. Hier an der Ostküste Schottlands herrscht viel sattes Grün vor. Weiden, Wiesen und Felder. Ab und an gibt es Sandstrände. Wilde Steilküsten sind selten.
Zwischen St. Andrews und Kirkcaldy folgte ich der A915 und nicht der geplanten Strecke über Nebenstraßen – und konnte so zu Lasten des Erholungswertes einige der Mehrkilometer wieder gut machen. Von Kirkaldy war ich enttäuscht. Ich hatte ein hübsches Städtchen erwartet – es war schmuddelig und hektisch.
Weiter also über A-Straßen bis zur imposanten Brücke über den Tay of Firth. Auch hier gab es einen Fuß- und Radweg über den Fluss.
Nur noch 22 Kilometer bis zum Hotel. Ich war jetzt bereits in den Außenbezirken von Edinburgh angekommen und fuhr nun durch mal mehr, mal weniger schöne Wohngebiete. Zum Teil auf einem sehr gut ausgebauten Radweg, auf dem viele Rennradler unterwegs waren. Von Sehenswürdigkeiten oder vom Stadtzentrum bekam ich allerdings nichts zu sehen.
Knapp 5 Kilometer vor dem Ziel gab auch Petrus noch einmal alles und ließ vom Himmel schütten, was er noch hatte. Patschnass von oben, von unten und einige Male auch satt von der Seite. Von vorbeifahrenden Autos und Bussen.
Ich habe in den letzten Tagen überlegt, ob es sinnvoll ist, in Edinburgh tatsächlich einen weiteren Ruhetag einzulegen. Das würde bedeuten, dass ich am letzten Tag noch 160 Kilometer vor mir habe. Im Grunde nicht schlimm, aber es darf dann auch nichts passieren, was das Erreichen der Fähre gefährden könnte. Als ich im Hotel eincheckte, dass nicht nur sehr weit außerhalb von Edinburgh liegt, und außerdem eine weitere Niete ist, habe ich mich für Plan B entschieden. Ich fahre also schon am Mittwoch anstatt am Donnerstag wie geplant weiter und werde dann spätestens den letzten Abschnitt so verkürzen, dass ich am Samstag nur noch ca. 80 Kilometer vor mir habe. Ich könnte dann beispielsweise im Raum York übernachten.