Tag 16 und 17: Inverness – Invergarry

In dem miefigen B&B habe ich geschlafen wie ein Bär. Nachdem es mir unter Anwendung von Gewalt gelungen war, das Fenster meiner kleinen Kammer ein wenig zu öffnen.

Das wiederum versetzte mich In die Lage, die Heizung anzuschalten, um meine Kleidung und vor allem die Schuhe zu trocken. Trotzdem waren die Schuhe noch immer etwas feucht, als ich aufstand. Immerhin versprach ein Blick nach draußen einen schönen Tag. Es war trocken, die Sonne bemühte sich und in der Stadt ging nur wenig Wind.

Noch niemals habe ich in England ein so grottenschlechtes Frühstück bekommen. Nicht nur kein Englisches. Continentales Frühstück sollte das sein. Ein Stapel Käse und Wurst, jeweils in den ursprünglichen Supermarktverpackungen. Nicht nebeneinander, sondern im Stapel Zum Teil waren sie bereits geöffnet. Wie lange wohl?? Appetitlich sah dabei das Wenigste aus. Es gab keine Gabel. Zum Entnehmen mussten schon die Finger her… Zumindest konnte man sich frisches Toast bestellen.

Bei angenehmen 14 Grad machte ich mich auf die Socken. Heute sollte es ja nur 54 Kilometer entlang am Loch Ness bis nach Fort Augustus gehen. Entspannt also. Der frische Wind fühlte sich nach zwei Tagen Kälte und Nässe gut auf der Haut an. 3 Kilometer lang ungefähr entlang des River Ness. Dann blies der Wind doch sehr kalt und ungeahnt stark von vorne. Die Beine hatten keine so richtige Lust zu arbeiten und ich fühlte mich zunehmend müde. Selbst Steigungen unter 5% fielen echt schwer.

In etwa auf der Hälfte der Strecke habe ich in Drumnadrochit am Nessi Museum eine Pause für einen Kaffee und ein Snickers eingelegt und mich bei der Gelegenheit wärmer angezogen. Die Temperatur war in der Zwischenzeit wieder auf 9 Grad gefallen. Auf dem Niveau befand sich meine Laune auch irgendwie. Keine Energie, keine Lust. Das ständige Rauschen der vorbeifahrenden Autos auf der A82 machte zusätzlich müde. Nix von Ruhe und schöner Natur. Die Konzentration auf die Straße mit dem oft schlechten Asphalt und den Verkehr kostete gefühlt noch mehr Kraft. Die Autos versuchten oft sich doch irgendwie zwischen dem Gegenverkehr und mir hindurchzudrängeln.

Wie in den letzten Tagen nahmen der Wind und die Schauer an Stärke bzw. Häufigkeit zu. Viel zu sehen gibt es trotz des hohen Bekannheitsgrades von Loch Ness nicht. Es gibt Schöneres in Schottland.

In Fort Augustus sollte es zwei Camp Sites geben, so hatte ich es gegoogelt. Die eine schien es nicht mehr zu geben, aber die, die ich ins Auge gefasst hatte, hatte eine sehr ansprechende Homepage. Nachdem ich wohl eine halbe Stunde vergeblich im Zickzack durch das Nest gefahren war, musste ich feststellen, dass es auch diesen Campingplatz so nicht mehr gibt. Er war geschlossen. Wie es schien für umfangreiche Neu- und Umbauten.

Gut, einen Plan B in der Tasche zu haben. Zufällig habe ich gestern gesehen, dass es 7 Meilen entfernt in Invergarry einen kleinen, abgelegenen Platz mit nur 35 Stellplätzen gibt. Ruhig soll er sein und nur für Erwachsene.

Auf dem Weg dahin ist mir die Energie ausgegangen. Zum Glück gab es ein Cafe am Straßenrand, in das ich frierend und mit kalten Schweißausbrüchen einkehren konnte. Eine heiße Schokolade, ein Toast mit Ham and Cheese, garniert mit etwas Salat und ein paar Kartoffelchips brachten mich wieder in die Spur. Der Betreiber sagte mir, dass der Campingplatz wohl nie wieder öffnen würde. Neue Besitzer würden auf Lodges (die Neubauten) setzen, so wie sie es bereits an mehreren Stellen entlang des Loch Ness gemacht haben.

Schade eigentlich.

Ein Anruf auf dem Platz in Invergarry von mir ergab, dass es ausreichend freie Plätze gäbe. Alles wieder in Butter.

Die letzten 5 Meilen schaffe ich dann auch locker. Die Laune stieg trotz Regen und Kälte. Ich bekam einen windgeschützten Platz zugewiesen und konnte in einer kurzen Regenpause, in der auch noch die Sonne durchkam, aufbauen. Das reichte, um das Zelt zunächst einmal vom Regenwasser aus Gairloch zu trocknen. Immer wieder Regenschauer aber zum Glück keinen Dauerregen mehr. Leider auch kein Wetter zum Aufenthalt im Freien – wo sich Trilliarden von Midges auf den Angriff vorbereiteten.

Der Wetterbericht versprach für den Samstag anhaltenden Regen, der erst zum Abend hin nachlassen sollte. Da ich im Moment gut in der Zeit liege und in 3, maximal 4 Tagen (je nach Route) wieder am Auto sein kann, habe ich beschlossen, einen Tag hier zu bleiben. Auch heute hat die Wetter App nicht gelogen. Lediglich um Mittag herum ließ der Regen ein wenig nach. Die Zeit habe ich genutzt, um die 3 dreieinhalb Kilometer hinunter ins „Dorf“ zu fahren. Dort gibt es eine kleine Tankstelle, die auch einige Lebensmittel zur Grundversorgung anbietet. Bier auch 😎

Die nächste Einkaufsmöglichkeit liegt 30 Meilen entfernt in Fort William.

Morgen werde ich dann über Fort William hinaus bis nach Glencoe radeln. Knappe 70 Kilometer müssten das sein. Ab dort bin ich oder kann ich dann wieder die geplante Strecke weiterfahren. Wobei es am Montag noch einmal so richtig schütten soll, wie es bislang aussieht.

Na ja. Mal sehen…

So langsam wachsen mir Schwimmhäute und nach dem Tag heute muss ich wohl auch den aufrechten Gang erst wieder erlernen.

Warum machen Regentropfen, die auf das Zelt fallen eigentlich immer so müde – besonders, wenn man windgeschützt steht?🤔🤔

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